Die Aufgabe der Stadtplanung
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Luftbild Balingen: Übersicht über die Kernstadt Arbeitsamt, City-Center, Friedrichstrasse

Die Aufgabe der Stadtplanung ist die mittel- und langfristige Entwicklung einer Stadt, eines Stadtteils oder Quartiers, wobei die Qualität bereits bei den Einzelgebäuden beginnt, die Straßenzüge bilden, diese wiederum Quartiere und Viertel und so in ihrer Gesamtheit das Stadtbild prägen.

Zunächst werden bestehende Strukturen und Zusammenhänge analysiert, bewertet und entsprechend den Zielen weiterentwickelt. Der Planungshorizont liegt bei den nächsten 10-50, gar deutlich mehr Jahren. Deshalb ist Stadtplanung ist keine kurzfristige, beliebige Aufgabe, sondern so komplex und weitreichend, als dass sie durch Mangel an Information, Zeitdruck, wirtschaftlichem Denken, persönlichen Vorlieben oder Ablehnungen nicht scheitern oder unterbewertet werden darf.

Der Werkzeugkasten der Stadtplanung besteht unter anderem aus der Festlegung von Wertigkeiten durch Inhalte und Nutzungen (von Gebäuden, von Straßenzügen, von Quartieren), von Erschließungsachsen, von Blickbeziehungen, von Raumbildung durch Proportionen, von Straßen und Gebäuden, durch Höhen- und Tiefenentwicklung, von dem Zusammenspiel aus unendlich vielen Faktoren, die schlussendlich zur Sprache werden, mit der sich eine Stadt ausdrückt!

Stadtbild, Stadtgestalt… den Begriff kennt jeder, auch in Balingen. Und dann kennt auch jeder das Gefühl, wenn sich ein Stadtbild einprägt, wenn man sich erinnert oder ganz einfach wohl gefühlt hat, wenn eben viele der oben genannten Parameter stimmen und mit den richtigen Werkzeugen zusammengefügt wurden.

Egal welche Entscheidungen für das Areal an der Eyach, in Balingens Innenstadt getroffen werden, sie werden das Stadtbild und die Entwicklung von Balingen für viele Jahre und Jahrzehnte maßgeblich beeinflussen.

Bei der Planung finden die unterschiedlichsten Aspekte Berücksichtigung. Beispielhaft steht folgende Liste, die je nach Aufgabenstellung erheblich erweitert werden.

Bedarfsplanungen (Kindertagesplätze, Altersgerechtes Wohnen, Einzelhandel, Dienstleistung…)
Öffentliche Einrichtungen (Bibliothek, Museum, Bürgerzentrum, Begegnungsstätte,…)
Grünflächen (private Gärten, Spielplätze, Freizeiteinrichtungen,
öffentliches Grün,…)
Infrastruktur (Straßen, Wege, Plätze,…)
Verkehr (Anbindung öffentlicher Nahverkehr, Verkehrsführung, Fuß- und Radwege,…)
Soziale Aspekte (Verbindung und Integration verschiedener Menschengruppen,…)
Umweltbelange (Artenschutz, Wasserschutz, …)
Kleinklima (innerstädtische Aufheizung, Sogwirkung, Niederschlagswasser,…)
Kultur (Geographische Eigenheiten und Gewohnheiten,… )

Die Stingstraße, einer der wesentlichen Zubringer in die Innenstadt

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Verkehrsflüsse, Gebäudestrukturen, die Stingstraße als wichtigster Stadtzugang

Betrachtet man Balingen aus der Vogelperspektive und markiert den Verlauf der Eckenfelderstraße / Charlottenstraße / Hirschbergstraße, dann wird klar, daß diese östliche Spange nahezu den gesamten Verkehr sowohl aus nördlicher Richtung über die B 27, als auch aus südlicher Richtung aus Rottweil und Albstadt, vom Binsenbol kommend aufnimmt und über die Stingstraße in die Innenstadt leitet.

Die Stingstraße ist dadurch einer der wesentlichen Zubringer in die Innenstadt und der einzige, der die Besucher direkt bis an den Marktplatz mit dominantem Blick auf die Stadtkirche geleitet.

Die absolute Wertigkeit der Stingstraße wird dadurch sehr offensichtlich.

Momentan wird der dortige Straßenraum dieser Aufgabe in keinster Weise gerecht, so dass diese Funktion und Wichtigkeit gar nicht wahrgenommen werden.

An der Ecke Stingstraße/Eckenfelder Straße dominiert das Gebäude der Agentur für Arbeit diesen Stadtzugang mit zwei Gebäudeflügeln, die in ihrer Länge, Ausprägung und Geschoßigkeit (4-geschossig) sehr bewusst dort platziert wurden, um diese städtebauliche Torsituation klar zu markieren.

Gleichwohl fehlt diesem Tor das adäquate Gegenüber an der Stingstraße, um diese städtebauliche Sprache fortzuführen und die Gebäudekubatur zu komplettieren.

Dort einen Parkplatz mit einem eingeschossigen Lebensmittelmarkt zu platzieren, kann diese anspruchsvolle Gestaltungsaufgabe in keiner Weise erfüllen. Die Situation erfordert geradezu eindeutig und klar eine Gebäudekubatur in Höhe, Geschoßigkeit und Länge, die ein Pendant zum Gegenüber darstellt und mit einer klaren Raumkante an der Stingstraße diese Stadtzufahrt markiert und vervollständigt!

Nur durch eine solche klare Sprache, sowohl in der Gestalt, als auch inhaltlich wird eine solche Situation als Stadt, als Innenstadt und nicht als Gewerbegebiet oder beliebige Ansammlung von Gebäuden wahrgenommen und erfährt die ihr angemessene Wertigkeit.

Grundlagen für die Entwicklung eines komplett neuen Stadtquartieres

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Plangebiet, Innenstadtentwicklung, Rahmenbedingungen

Die Stingstraße mitsamt der Kreuzung an der Eckenfelder / Charlottenstraße wird die Verkehrsströme eines Lebensmittelmarktes kaum bewältigen können. Ein großflächiger Lebensmittelmarkt benötigt täglich eine Frequenz von ca. 1000 – 1200 Kunden. Im direkten Umfeld leben geschätzt max. 250-300 Personen, die zu Fuß den Markt erreichen. Alle weiteren Kunden werden mit dem Auto anfahren, daher auch die geplante große Zahl an Parkplätzen. Dies können bis zu 1000 Fahrzeuge pro Tag mehr in der Stadt sein, die in kürzester Frequenz dieses Ziel anfahren. Das bedeutet mehr Lärm, Abgase, Unfallgefahr, Verkehrsbelastung, etc.

Ebenso benötigt derselbe Nutzer zwingend oberirdische Parkplätze in großer Anzahl für sein Nutzungskonzept, was bedeutet, daß wertvollste Fläche in der Innenstadt weit unter tatsächlichem Nutzwert verbraucht wird.

Dass durch die Anlage solcher oberirdischen Parkflächen keinerlei städtebaulicher Mehrwert geschaffen wir, versteht sich von selbst.

Die Übersicht mit der Darstellung des möglichen Plangebietes zeigt ganz hervorragend, daß in allernächster Anbindung an die Innenstadt hier die überaus seltene Möglichkeit besteht, die Grundlagen zu legen für die Entwicklung eines komplett neuen Stadtquartieres, mit höchster Qualität, mit einer Durchmischung verschiedener Altersgruppen, von Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Gastronomie, öffentlichen Grünflächen und Plätzen. Dieses Quartier wäre keine Konkurrenz zur Innenstadt, sondern eine wertvolle Weiterentwicklung, wie sie einem Mittelzentrum, das Balingen ja ist, sehr gut zu Gesichte steht!
Die schon bisher große Attraktivität Balingens als Einkaufs- Erlebnis- und Aufenthaltsstadt kann durch eine Fortführung dieser Attribute in einem neuen Stadtquartier weiter gesteigert werden, die Strahlkraft eines Eyachviertels ist keinesfalls zu unterschätzen und sollte behutsam und verantwortlich entwickelt werden.